Im Einzelplan 14 reicht das Geld vorne und hinten nicht. Das ist offenbar auch bei der Bundesregierung angekommen. Anstatt aber zumindest für die laufenden Kosten und die eingegangenen Verpflichtungen genügend Geld zur Verfügung zu stellen, werde haushaltsrechtlich fragwürdige Tricks genutzt, um irgendwie über die Runden zu kommen: Laut §15 Bundeshaushaltsordnung (BHO) müssen Einnahmen in voller Höhe veranschlagt werden. Wie aber auch der Bundesrechnungshof (BRH) feststellt, wird dieser Leitzsatz des Haushaltsrechts im Epl. 14 nicht eingehalten. Ziel ist es, über zusätzliche Einnahmen gegen das Haushaltsrecht zusätzliche Ausgabespielräume zu erhalten. Seitens des BMVg wird das auch offen zugestanden (vgl. BRH-Bericht) – nur das BMF führt eine ganz andere Begründung an und rekurriert auf angebliche Folgen der Corona-Pandemie (vgl. BMF-Bericht). Insofern widerspricht sich die Bundesregierung selbst.
Spätestens mit der Bereinigungsvorlage für die letzte Beratung des Haushaltsausschusses zum Haushalt 2023 hat die Bundesregierung offen gelegt, wozu diese Tricks angewandt werden: Die zusätzlichen Einnahmen sollten in erster Linie für den Marinebetriebsstoffversorger genutzt werden. Dem haben die Ampel-Koalitionen aber einen Strich durch die Rechnung gemacht, indem entsprechenden Anträge der Regierung in der letzten Sekunde im Ausschuss die Zustimmung verweigert wurde.
Dazu erklärt Ingo Gädechens, Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Einzelplan 14 im Haushaltsausschuss:
„Die Not bei den Verteidigungsausgaben ist so groß, dass seitens der Bundesregierung tief in die Trickkiste gegriffen wird. Das Haushaltsrecht ist klar: Alle erwarteten Einnahmen müssen auch im Haushaltsplan dargestellt werden. Dass dem nicht so ist, wird aber schon bei einem kurzen Blick auf die Zahlen deutlich. Wurden 2022 regierungsseitig noch Einnahmen im Verteidigungsbereich von rund 211 Millionen Euro erwartet, sind es 2023 angeblich nur noch rund 31 Millionen Euro. Das ist ein Minus von 85%! Die Regierung „versteckt“ erwartete Einnahmen, um sie dann – wenn sie zur allergrößten Überraschung der Beteiligten doch kommen – woanders ausgeben zu können.
Offensichtlich gibt es einen Deal zwischen Finanz- und Verteidigungsministerium. Das Finanzministerium ist nicht bereit, den Einzelplan 14 anzuheben. Zugleich wird dort aber offenbar auch anerkannt, dass ohne eine Anhebung der Betrieb und die laufenden Beschaffungsvorhaben nicht zu finanzieren sind. Also drückt das Finanzministerium alle Augen zu und akzeptiert eine Unterveranschlagung von Einnahmen, die offensichtlich gegen das Haushaltsrecht verstößt – wie der Rechnungshof in aller Deutlichkeit festgestellt hat!
Dass „etwas faul im Staate Dänemark“ ist, zeigen auch die widersprüchlichen Aussagen der Bundesregierung. Während das Verteidigungsministerium gegenüber dem Bundesrechnungshof offen zugibt, die laut Regierungs-Haushaltsentwurf angeblich nicht zu erwartenden Einnahmen für Ausgaben im Beschaffungsbereich nutzen zu wollen, kommt eine ganz andere Geschichte aus dem Finanzministerium. Dort heißt es, dass aufgrund der Corona-Pandemie die Einnahmeprognosen reduziert werden mussten. Blöd nur, dass die Reduktion vor allen Dingen die Jahre 2022 und 2023 betreffen – 2020 und 2021 waren demnach aus Sicht des Finanzministeriums wohl noch keine Corona-Jahre. Das ist vollkommen unglaubwürdig.
Wie der Einnahmen-Trick funktioniert, zeigt sich mit einem Blick auf den Marinebetriebsstoffversorger. Das Verteidigungsministerium wollte vier zusätzliche Einnahmequellen für diese Schiffe anzapfen. In einem Fall ist dies bereits im Regierungsentwurf zum Haushalt verankert, in drei Fällen hat dies die Regierung im Rahmen der Bereinigungssitzung beantragt. Wurden bei allen diesen Einnahmebereichen 2022 noch über 182 Millionen Euro erwartet, sind dies laut Regierung 2023 nur noch rund 2,5 Millionen Euro – das ist ein Prognose-Minus von 99%! Genau dieses Geld, dass dann – wundersamer Weise – doch wieder eingenommen wird, sollte für die Marineschiffe genutzt werden. Leider fanden die Ampel-Koalitionen diesen Regierungsvorschlag aber genauso absurd und haushaltsrechtswidrig wie die Union und so kam es zu einem Eklat im Haushaltsausschuss: Zum ersten Mal seit Menschengedenken haben regierungstragende Fraktionen der eigenen Regierung die Zustimmung verweigert! Ampel-Fraktionen also gegen Ampel-Regierung! Das ist eine riesige Klatsche für die Verteidigungsministerin.
Ehrlicherweise habe ich ein bisschen Verständnis für das, was hinter dem ganzen Vorgang steht: Denn am Ende müssen die Beamtinnen und Beamten der unteren Ebene mit solchen haushaltsrechtlich fragwürdigen Vorgehensweisen ausbaden, dass die politische Leitung – sowohl im Verteidigungs- wie auch im Finanzministerium – ihre Versprechen bricht. Denn es wird eben immer noch nicht auch nur ansatzweise genügend Geld für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt. Die Regierungsangestellten müssen aber trotzdem den Laden am Laufen halten – dann kommen solch abenteuerliche Konstrukte heraus.“
Zum Verständnis: Die angehängte Übersicht der Einnahmetitel ist methodisch identisch zum Vorgehen von BMVg (vgl. Anhang) und BRH-Bericht (vgl. ebenfalls Anhang) (also kein Einbezug der Einnahmetitel von Kapitel 1490 & Kapitel 1491 [Sondervermögen]) mit einer Ausnahme: BMVg und BRH berechnen 2022 die 500 Millionen Euro Einnahmen aus der Rüstungsrücklage mit ein. Da das aber keine „echten“ Einnahmen sind, sondern nur die Plünderung eines Sparkontos, fehlen in den Darstellungen unten und der angehängten Übersicht diese 500 Millionen Euro.
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